Unternehmensbewertung

Erfahren Sie die wichtigsten Punkte einer Bewertung des Unternehmens für die Unternehmensnachfolge.

Patentanwalt Dipl.-Phys. Andree Eckhard

In der Unternehmensbewertung liegt häufig ein Grund für Differenzen zwischen dem Altinhaber und dem Unternehmensnachfolger: Der Nachfolger möchte natürlich einen möglichst geringen Kaufpreis zahlen. Der Unternehmer dagegen überschätzt häufig den Wert seines Unternehmens. Das ist nachvollziehbar und verständlich, da er in das Unternehmen viele Jahre der Mühe und Arbeit eingebracht hat.

Außerbetriebliche Faktoren berücksichtigen

Bei der Kaufpreisermittlung spielen nicht nur der Unternehmenswert bzw. die betrieblichen Faktoren eine wichtige Rolle, sondern auch außerbetriebliche Faktoren wie

  •     Alter des Erwerbers
  •     Finanzielle Lage des Veräußerers und des Erwerbers
  •     Risikobereitschaft des Erwerbers und
  •     alternative Angebote

Beratung einbeziehen

Die Beurteilung des Unternehmenswertes ist keine Kleinigkeit und muss sehr sorgfältig und für alle Beteiligten nachvollziehbar von statten gehen. Von daher sollte nach Möglichkeit ein Gutachter der zuständigen Kammer, Unternehmensberater oder ein Wirtschaftsprüfer hinzugezogen werden.

Methoden der Unternehmensbewertung

Wie bei jeder Ware entscheiden Angebot und Nachfrage über die Höhe des Preises. Im konkreten Einzelfall spielt dann natürlich noch das Verhandlungsgeschick des Käufers und Verkäufers eine ausschlaggebende Rolle. Um den Einstieg in die Verhandlung zu erleichtern, gehen beide von einer Verhandlungsbasis aus. Diese lässt sich über verschiedene Wege ermitteln:

Die Rechtsprechung wendet beispielsweise die Ertragswertmethode an, wenn ausscheidende Gesellschafter abgefunden werden müssen. Familiengerichte berechnen wiederum für Zugewinnansprüche den Unternehmenswert aus der Hälfte von Substanz- und Ertragswert. An diese Vorgaben halten sich beauftragte Gutachter (z. B. Wirtschaftsprüfer).

Für die Unternehmensbewertung existieren also eine Vielzahl von Methoden, die zu unterschiedlichen Werten für das Unternehmen führen. Dabei kann man grob zwischen den folgenden Methoden unterscheiden:

Vergleichswertverfahren: Was kosten die anderen?

In Branchen, in denen Unternehmensübertragungen vergleichbarer Unternehmen häufig sind z. B. freiberufliche Praxen, Gastronomie-Betriebe, Brauereien, Reinigungen usw. werden als Verhandlungsbasis meist die Preise bisheriger Transaktionen herangezogen. Die Daten werden dabei von branchengleichen Unternehmen herangezogen, die ähnliche oder fast deckungsgleiche Kennziffern aufweisen. Die Daten können über die entsprechenden Verbände, Kammern oder spezialisierte Unternehmensberater ermittelt werden. Vor allem bei kleinen und mittleren Unternehmen ist die Preisermittlung über Vergleichsdaten üblich.

Ertragswertmethode: Die (zukünftigen) Gewinne des Unternehmens stehen im Vordergrund

Diese Herangehensweise spielt beim Unternehmenskauf bzw. -verkauf die wichtigste Rolle. Im Vordergrund steht die zukünftige Ertragskraft des Unternehmens. Auch für Banken hat dieser Aspekt wesentlich mehr Bedeutung als die Unternehmenssubstanz: Denn nur eine entsprechende „Verzinsung“ des Kaufpreises in Form zukünftiger Unternehmensgewinne, bietet die Sicherheit, dass der Nachfolger das zur Kaufpreisfinanzierung aufgenommene Darlehen inklusive Zinsen auch zurückzahlen kann.

Discounted-Cash-Flow-Methode (DCF-Methode): Variante der Ertragswertmethode

Sie wird vor allem bei größeren (börsennotierten Gesellschaften) angewandt. Sie ist als Argumentationshilfe und für Entscheidungen geeignet, weniger jedoch für Schiedswerte. Im Unterschied zum Ertragswertverfahren werden hier nicht die zukünftigen Gewinne, sondern der zukünftige abgezinste Cash-Flow zu Grunde gelegt. Der Cash-Flow zeigt an, wie viel eigen erwirtschaftetes Geld dem Unternehmen für Investitionen, Kredittilgung, Steuern, Ausgleich von Liquiditätsengpässen usw. zur Verfügung steht.

Bewertungsverfahren nach dem AWH-Standard

Um den besonderen Gegebenheiten kleiner und mittlerer Handwerksbetriebe Rechnung zu tragen, hat die Arbeitsgemeinschaft der Wert ermittelnden Betriebsberater im Handwerk (AWH) in Anlehnung an die Ertragswertmethode ein Bewertungsverfahren entwickelt, das insbesondere folgende Besonderheiten berücksichtigt:

    – die starke Beeinflussung der Ertragslage durch die Inhaberpersönlichkeit

    – die finanziellen Gestaltungsoptionen durch Haftungsverflechtung von Privat- und Betriebsvermögen

    – die mangelnden betriebswirtschaftlichen Planungsmethoden

    – das begrenzte Budget für den Bewertungsaufwand

Substanzwertmethode:

Der Wert der einzelnen Vermögensgegenstände wie z.B. Grundstücke, Maschinen und Vorräte stehen im Vordergrund

Das Substanzwertverfahren spielt bei der Unternehmensbewertung eine untergeordnete Rolle, da es nichts über die zukünftigen Erträge aussagt. Es ergibt in erster Linie einen Hilfswert, der zur Ermittlung des Finanzbedarfs für die Ertrags- bzw. Einnahmenüberschussrechnung dient. Außerdem hat die Substanz Bedeutung für die Besicherung von Bankdarlehen.

Kombination von Ertrags- und Substanzwertverfahren In der Praxis werden Ertragswert- und Substanzwertverfahren meist kombiniert, wobei der Ertragswert – in der Regel – zu 90 Prozent den Kaufpreis bestimmt, der Substanzwert dagegen nur zu 10 Prozent. Eine Ausnahme bilden Unternehmen, deren Substanz tatsächlich von besonders hohem Wert ist wie beispielsweise Immobiliengesellschaften.

Firmenwert oder Good Will

Beim Firmenwert oder Good Will handelt es sich um den ideellen Wert des Unternehmens. Dazu gehören beispielsweise der Ruf des Unternehmens, das Unternehmens-Know-how, die Qualifikation der Mitarbeiter, das Betriebsklima, der Kunden- und Lieferantenstamm oder auch die betriebliche Organisation.

Auch wenn für Banken allgemein die Ertragskraft eines Unternehmens entscheidend ist, so wird die Einschätzung der zukünftigen Erträge oder die Berücksichtigung der Unternehmenssubstanz doch von Bank zu Bank unterschiedlich gehandhabt.

Ein ganz anderer Wert, nämlich der Verkehrswert, dient wiederum als Grundlage, zur Berechnung von Pflichtteilsansprüchen oder Abfindungsansprüchen für weichende Gesellschafter. Wenn also ein Erbe wegen einer qualifizierten Nachfolgeklausel im Gesellschaftsvertrag nicht Gesellschafter werden kann. Im Erbrecht kann der Erblasser den Unternehmenswert festlegen bzw. ein bestimmtes Bewertungsverfahren vorgeben.

Wird die Unternehmensübertragung über Kredite finanziert, muss sichergestellt sein, dass genügend „Luft“ bleibt, um Zins- und Tilgungszahlungen sowie alle weiteren unternehmerischen Verbindlichkeiten zu begleichen. Banken achten bei ihrer Kreditentscheidung vor allem auf die Ertrags- und die damit verbundene Kapitaldienstfähigkeit des Unternehmens. Dies muss bei den Preisverhandlungen berücksichtigt werden.