Wie kann ein Erblasser sein Erbe regeln?

Um eine Erbschaft umfassend zu regeln, hat ein Erblasser mehrere Möglichkeiten, die rechtliche Absicherung seines Nachlasses zu gestalten. Im Folgenden werden die verschiedenen Alternativen, steuerliche Aspekte mit Beispielen und relevante Rechtsprechung erläutert.


1. Möglichkeiten der Nachlassregelung

Ein Erblasser kann die Verteilung seines Vermögens durch gesetzliche, testamentarische oder vertragliche Regelungen gestalten:

a) Gesetzliche Erbfolge

Wenn kein Testament oder Erbvertrag vorliegt, tritt die gesetzliche Erbfolge nach §§ 1924 ff. BGB ein:

  • Erben erster Ordnung: Kinder und Enkel (§ 1924 BGB).
  • Erben zweiter Ordnung: Eltern, Geschwister (§ 1925 BGB).
  • Erben dritter Ordnung: Großeltern, Onkel, Tanten (§ 1926 BGB).

b) Testament

Der Erblasser kann durch ein Testament gemäß §§ 1937, 2229 BGB seinen letzten Willen festlegen. Arten von Testamenten:

  • Eigenhändiges Testament (§ 2247 BGB): Muss vollständig handschriftlich verfasst und unterschrieben sein.
  • Notarielles Testament (§ 2232 BGB): Wird vor einem Notar erklärt und beurkundet.

c) Erbvertrag

Ein Erbvertrag (§§ 1941, 2274 ff. BGB) ist ein notariell beurkundeter Vertrag, durch den der Erblasser verbindlich Teile seines Nachlasses regelt. Besonders geeignet für Unternehmer oder Partner ohne Ehevertrag.

d) Vermögensübertragungen zu Lebzeiten

  • Schenkung unter Auflagen (§ 516 ff. BGB): Eine Schenkung zu Lebzeiten kann den Nachlass reduzieren und gleichzeitig steuerlich vorteilhaft sein.
  • Nießbrauch oder Wohnrecht: Der Erblasser kann Vermögenswerte übertragen und sich Rechte wie ein Wohnrecht vorbehalten (§§ 1093, 1030 BGB).

2. Steuerliche Aspekte bei Erbschaften

Der Erbfall unterliegt der Erbschaftsteuer gemäß dem Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG). Die Höhe der Steuer richtet sich nach dem Verwandtschaftsgrad, dem Wert des Nachlasses und den Freibeträgen.

a) Freibeträge (§ 16 ErbStG)

  • Ehegatte/Lebenspartner: 500.000 €
  • Kinder: 400.000 €
  • Enkelkinder: 200.000 €
  • Andere Personen: 20.000 €

b) Steuerklassen und Steuersätze (§ 19 ErbStG)

  • Steuerklasse I: Ehegatten, Kinder (7–30 %)
  • Steuerklasse II: Geschwister, Nichten/Neffen (15–43 %)
  • Steuerklasse III: Fremde Personen (30–50 %)

c) Beispiele

  1. Beispiel 1: Ehepartner erbt 600.000 €. Nach Abzug des Freibetrags von 500.000 € bleibt eine steuerpflichtige Erbschaft von 100.000 €. Bei Steuerklasse I liegt der Steuersatz bei 11 %. Die Steuer beträgt 11.000 €.
  2. Beispiel 2: Ein Neffe erbt 300.000 €. Freibetrag: 20.000 €. Steuerpflichtiger Betrag: 280.000 €. Steuerklasse II (20 %): Steuerlast beträgt 56.000 €.

d) Steueroptimierung

  • Schenkungen zu Lebzeiten (alle 10 Jahre steuerfrei möglich, § 14 ErbStG).
  • Nutzung von Freibeträgen durch Nießbrauchmodelle oder vorgezogene Vermögensübertragungen.

3. Wichtige Rechtsprechung

Relevante Urteile klären häufig Streitfragen zu Pflichtteilsrechten, Steueroptimierungen oder formalen Anforderungen:

  1. Formvorschriften für ein Testament:
    • BGH, Beschluss vom 27. September 2017 – IV ZB 15/16: Bestätigt die Wirksamkeit eines eigenhändigen Testaments, sofern es lesbar und von Hand geschrieben ist.
  2. Pflichtteilsergänzungsansprüche:
    • BGH, Urteil vom 23. Oktober 2019 – IV ZR 124/18: Stellt klar, dass Schenkungen innerhalb der letzten 10 Jahre anteilig bei Pflichtteilsergänzungsansprüchen zu berücksichtigen sind.
  3. Erbschaftsteuer und Unternehmensnachfolge:
    • BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2014 – 1 BvL 21/12: Erbschaftsteuerprivilegien bei Unternehmensnachfolgen (Verstoß gegen Gleichheitsgrundsatz, Reform des § 13a ErbStG).
  4. Erbvertrag und Anfechtung:
    • BGH, Urteil vom 13. Januar 2021 – IV ZR 231/19: Anfechtung eines Erbvertrages bei grobem Undank des Begünstigten möglich.

4. Erbschaftsrecht

Die Nachlassregelung bietet vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten. Ein Testament oder Erbvertrag schafft Klarheit, während steuerliche Optimierungen den Nachlass wirtschaftlich entlasten können. Angesichts der komplexen Rechtslage und steuerlichen Regelungen ist eine frühzeitige Beratung durch einen Notar oder Rechtsanwalt empfehlenswert.