Wichtige Entscheidungen im deutschen Erbrecht 2025

1) BGH, 12.03.2025 – Pflichtteil und nachträgliche Vaterschaftsfeststellung

Sachverhalt (kurz):
Ein nichteheliches Kind erfuhr erst nach dem Tod des Erblassers sicher von dessen Vaterschaft und forderte Pflichtteil.

Ergebnis:
Die Pflichtteilsverjährung (3 Jahre) beginnt grundsätzlich mit Kenntnis vom Erbfall und der Enterbung. Eine spätere gerichtliche Vaterschaftsfeststellung verschiebt die Frist nicht automatisch. Die Frist kann aber durch verjährungshemmende Maßnahmen gesichert werden.

Bedeutung:
Pflichtteilsberechtigte müssen frühzeitig aktiv werden – auch bei ungeklärter Abstammung.

Praxis-Hinweise

  • Erblasser:
    • Familienverhältnisse frühzeitig klären
    • Testament eindeutig formulieren
  • Erben/Pflichtteilsberechtigte:
    • Verjährung sofort notieren
    • Informationen einholen, ggf. zügig klagen oder Hemmung vereinbaren

2) BGH, 02.07.2025 – Vermächtnis zugunsten behandelnder Ärzt:innen

Sachverhalt:
Ein Patient vermachte seiner behandelnden Ärztin Vermögen. Angehörige wollten das Vermächtnis wegen berufsrechtlicher Zuwendungsverbote für unwirksam erklären.

Ergebnis:
Ein Vermächtnis an Ärzt:innen ist nicht automatisch unwirksam. Berufsrechtliche Vorschriften sind zu beachten, aber entscheidend sind Motivation und Umstände.

Bedeutung:
Grenzbereich zwischen Testierfreiheit und berufsethischen Grenzen.

Praxis-Hinweise

  • Erblasser:
    • Motivation schriftlich dokumentieren
    • Neutralen Zeugen/Notar einbeziehen
  • Erben/Bedachte:
    • Wirksamkeit sorgfältig prüfen, nicht vorschnell ablehnen/akzeptieren

3) BGH, 29.01.2025 – Kostenrisiken im Erbscheinsverfahren

Sachverhalt:
Konkurrierende Anträge auf Erteilung eines Erbscheins; Streit über Kosten.

Ergebnis:
Der BGH konkretisiert die Kostentragung im Erbscheinsverfahren: Wer ohne ausreichende Grundlage einen Antrag stellt, kann mit Kosten belastet werden.

Praxis-Hinweise

  • Erblasser:
    • Klare Erbeinsetzungen, Ersatz- und Schlusserben benennen
  • Erben:
    • Vor Antragstellung Beweislage prüfen
    • Kostenrisiko strategisch einkalkulieren

4) OLG München, 22.08.2025 – EU-Erbrecht und deutsche Immobilie

Sachverhalt:
Testament nach US-Recht (New York). Einziger Vermögenswert: Immobilie in Deutschland.

Ergebnis:
Der Anteil am deutschen Immobilienvermögen gilt als unbewegliches Vermögen; dies beeinflusst die Anwendbarkeit und Reichweite einer Rechtswahl nach der EU-ErbVO.

Praxis-Hinweise

  • Erblasser mit Auslandsbezug:
    • Rechtswahl ausdrücklich treffen und an Vermögensstruktur anpassen
  • Erben:
    • Internationale Testamente stets auf Rechtswahl und Form prüfen

5) OLG München, 05.05.2025 – Eigenhändiges Testament ohne Unterschrift

Sachverhalt:
Testament handschriftlich, aber nicht unterschrieben.

Ergebnis:
Unwirksam. Eine fehlende Unterschrift kann nicht geheilt werden. § 2247 BGB zwingend.

Praxis-Hinweise

  • Erblasser:
    • Vollständig handschriftlich schreiben und unterschreiben
    • Datum/Ort ergänzen (empfehlenswert)
  • Erben:
    • Unterschrift immer prüfen
    • Bei Formfehlern gesetzliche Erbfolge durchsetzen

6) OLG Zweibrücken, 18.09.2025 – Testamentskopie reicht nicht

Sachverhalt:
Ex-Partnerin berief sich auf Kopie des Testaments, Original fehlte.

Ergebnis:
Bei Zweifeln an Original und Inhalt keine Anerkennung der Kopie. Erbschein wird nicht erteilt.

Praxis-Hinweise

  • Erblasser:
    • Original sicher hinterlegen (Notar/Testamentsregister)
  • Erben:
    • Kopien allein genügen nicht
    • Echtheit rasch beweisen (Zeugen, Vorentwürfe, Schriftproben)

7) OLG Düsseldorf, 24.02.2025 – Zweifel an Testierfähigkeit

Sachverhalt:
Lebensgefährtin legte handschriftliches Testament vor; Tochter erhob Zweifel an Testierfähigkeit.

Ergebnis:
Ohne belastbare Anhaltspunkte für Testierfähigkeit kein Erbschein zugunsten der Lebensgefährtin.

Praxis-Hinweise

  • Erblasser:
    • Bei gesundheitlichen Einschränkungen Testierfähigkeit dokumentieren (ärztliche Bescheinigung)
  • Erben:
    • Beweismittel früh sichern
    • Schriftgutachten in Betracht ziehen

Kompakte Checkliste 2025

Für Erblasser

  • Eigenhändig schreiben und unterschreiben
  • Bei gesundheitlicher Situation: Testierfähigkeit dokumentieren
  • Original sicher hinterlegen (Notar/Nachlassgericht)
  • Internationale Bezüge durch klare Rechtswahl regeln
  • Motive bei außergewöhnlichen Zuwendungen dokumentieren
  • Ersatz- und Schlusserben benennen

Für Erben

  • Pflichtteilsfristen: 3 Jahre ab Kenntnis
  • Bei Streit: früh anwaltliche Beratung
  • Eindeutige Beweise für Testamente sichern
  • Kopien genügen nicht – Originale notwendig
  • Kostenrisiken im Erbscheinsverfahren beachten